"Begafft", 1997, Buntfarbstiftzeichnung
"Begafft", 1997, Buntfarbstiftzeichnung

Über die Gifte einer gefallenen Menschheit

Es gibt kein größeres Gift der Seele als Rangsucht.

Für Menschen, die mit offenen Augen durch die Welt gehen, ist es offensichtlich: Rangsucht, Leistungszwänge und Bemessung von Personen sind das größte Übel unserer Gesellschaft.

Viele Menschen glauben, dass der Kampf aller gegen alle aufgrund von Rangordnungen und Bewertungen unumgänglich sei und dass er den unseligen Zustand der Menschheit unausweichlich begründe. Viele verzweifeln an sich selbst und an der Menschheit und können sich keinen Ausweg vorstellen. Sofern sie an einen Gott glauben, machen sie Gott daraus einen Vorwurf. Sie kommen nicht auf den Gedanken, dass das Dilemma mit einem falschen Gottesbild zu tun haben könnte. Es fehlt ihnen die Einsicht, dass jeder von uns ein einmaliger, besonderer und unverwechselbarer Gedanke Gottes ist, dazu bestimmt, dass Gott in jedem von uns auf unverwechselbare Weise wohnen will. Der „Rang“, den wir haben, ist daher grundsätzlich gleichberechtigt und unverzichtbar, eine Erkenntnis, die uns beglückt, sofern wir diese Gewissheit erfahren. Unsere Lebensaufgabe besteht darin, uns aneinander und unseren Gaben zu erfreuen, unsere Horizonte auf diese Weise zu erneuern und immer tiefer mit den Geheimnissen des göttlichen Wesens verbunden zu werden. So wird auch keine Konkurrenzsucht im Hinblick auf unsere Gaben entstehen, denn jeder von uns ist – als ein Gedanke Gottes selbst – schon eine Gabe an alle anderen. Jeder ist ein unverzichtbares Glied der ganzen Schöpfung, in der sich Gott in seiner ganzen Fülle verleiblichen will. Diese Erkenntnis setzt selbstverständlich das Wissen um unsere Präexistenz vor der materiellen Schöpfung und die prinzipielle Unsterblichkeit unseres Geistseelenleibes voraus. Kein Mensch kann über unseren Wert verfügen außer Gott allein. Kein Mensch kann über unseren Wert als Mensch und Träger von Gaben verfügen. Von Menschen festgelegte Leistungsmaßstäbe, die prinzipiell nicht mehr sein können als aktuelle Zustände zu forcieren, die gegebenenfalls zu verbessern sind, besagen nichts über den Wert einer Person. Eine menschliche Person ist unverfügbar. Und Tiere sind Seelenanteile auf dem Wege ihrer Wiederherstellung zu einem Ebenbild Gottes.