"Lausbub", 1976, Kugelschreiberzeichnung
"Lausbub", 1976, Kugelschreiberzeichnung

Über die Rangsucht des Narzissten

Jeder, der im politischen Geschehen unserer Zeit eine Rolle spielt, hat eine narzisstische Persönlichkeit.

Ein echter Narzisst beurteilt andere Menschen nach Rangunterschieden, und er wird, wenn er einem anderen Menschen begegnet, zuerst auf dessen vermeintlichen Rang schauen.

Findet er, dass der andere in seinem Rang unter ihm steht, so ist er zufrieden und wird den anderen vielleicht als guten Kumpel behandeln. Gewinnt er den Eindruck, dass der andere in verschiedenen, ihm wichtigen Belangen einen höheren Rang innehat als er selbst, so wird dies ein ständig nagender Wurm in ihm sein, und er wird nichts unversucht lassen, den anderen in seinem Wert herabzudrücken, dass er zumindest immer ein wenig über ihm stehen kann. Natürlich wird der echte Narzisst immer den Vorsatz äußern, dass er mit anderen, ihm nahestehenden Personen „auf Augenhöhe“ stehen will. Das letzte, was der echte Narzisst sich einzugestehen wünscht, ist die Tatsache, dass er an einem chronisch gekränkten Selbstwertgefühl leidet. Einen potenziellen Lebensgefährten wird er von dessen Angehörigen, Freunden und Verwandten zu isolieren versuchen, um ihn ganz für sich selbst zu besitzen. Bei jedem, der so etwas beobachtet, sollten sofort die Alarmglocken läuten. Ein echter Narzisst ist der subjektiv unglücklichste Mensch auf der Erde, der sich denken lässt. Jede materielle Notlage, jede leibliche Beschwerde wird von seiner nagenden Bitterkeit übertroffen. Denn sein innerer Zustand ist existenziell. Er fühlt sich existenziell vernichtet, wenn er nicht obenan steht. Der bohrende Selbstzweifel des Narzissten darf nicht mit der zwanghaft zweifelnden Selbstüberprüfung des Übergewissenhaften verwechselt werden. Der Zweifel des Narzissten an sich selbst bleibt unterschwellig, er darf die Schwelle ins Oberbewusste nicht überschreiten. Schuld sind immer die anderen, die ihn unterschätzt haben. Sein ganzes Leben ist ein Kampf um die Anerkennung, die er sich erhofft. Ein Psychopath hat in dieser Beziehung keine Probleme. Er misst sich nicht an anderen Menschen, er fühlt sich anderen dadurch prinzipiell überlegen, dass er sich als den einzigen, ihm zugänglichen Mittelpunkt der Welt fühlt. Während der Narzisst moralische Wertmaßstäbe voraussetzt und anerkennt, diese aber vor allem für sich selbst in Anspruch nimmt, sieht sich der Psychopat allen anderen Menschen darin überlegen, dass er sich für intelligent genug hält, sich über alle moralischen Maßstäbe hinwegsetzen zu dürfen. Da er der Ansicht ist, dass alle Menschen ihm ähnlich seien, sie sich aber nur aus Schwäche nicht getrauten, sich über moralische Grundsätze zu stellen, hält er sich selbst für einen ganz normalen Menschen, aber mit der besonderen Eigenschaft, den meisten anderen aufgrund dieser seiner Erkenntnis überlegen zu sein. Der gefährlichste Ehepartner ist ein Narzisst mit psychopathischen Zügen. Er kann eine tödliche Gefahr bedeuten. Die tödliche Gefahr für unsere Gesellschaft besteht darin, dass ihre Funktionäre Narzissten sind und dass sie von Psychopathen beherrscht wird.