Dämmerung über der Mutter Erde, 1979, Buntfarbstiftzeichnung
Dämmerung über der Mutter Erde, 1979, Buntfarbstiftzeichnung

Über die Verweigerung der Erkenntnis

Die wahre Demut des Wissens geht mit dem Wissen um das Nichtgewusste einher.

Wer sich in einigen Dingen Erkenntnis erworben hat, wird sich erst dadurch der Tatsache bewusst, wie viel er nicht weiß.

Wer aber eine vermeintliche Demut des Nichtwissens pflegt, indem er an einem gewissen Punkt das Lernen und Erkennen aufgibt, um zu behaupten, im Grunde nichts wissen zu können, der wird auch das verlieren, was er weiß, um am Ende hilflos dazustehen in seiner Weltflucht und Angst. Eine vermeintliche Demut des Nichtwissens ohne Bemühen und Erkenntnisdrang, in der Meinung, dass wir über grundlegende Fragen keine Auskunft geben könnten, hat ihren Grund in der Angst, die sich als Angst vor der Wahrheit erweist. Ein Mensch, der an einer Demut der Selbstbeschränkung Gefallen findet – angeblich zugunsten seines kleinen, persönlichen Glücks – wird dieses Glück, das er sucht, nicht finden, sondern in der Angst verbleiben. Leicht akzeptiert er jede gemäßigte Meinung und jede schöne Beschwichtigung aus menschlicher Toleranz. Er wird sich fragen müssen, ob er sich nicht selbst betrügt.