Die lineare Zeit, wie wir sie kennen, kann nicht ins Endlose fortgeführt werden.
Die Zeit ist wie die Haut einer gehäuteten Schlange. Ihr fortlaufender Vollzug bedeutet zugleich ihr unaufhaltsames Verschwinden im scheinbaren „Nirgendwo“.
Wir sehnen uns mit allen unseren Kräften nach einer Zeitlichkeit, in der alles bis ins letzte Glied im Ganzen erhalten bliebe und in einer geläuterten Form sichtbar zugänglich wäre, während alle Bedrängnis als solche verschwände und im Lichte einer höheren Wertsetzung betrachtet werden kann. Dann würden wir, nicht mehr dem Zeitstrom unterworfen, ewig leben, im Wechsel dessen, was ewig zugleich ist. Warum ist es nicht so? Warum hält uns gleichsam ein missgünstiger Dämon in seinen Klauen und betrügt uns, uns am laufenden Band foppend und uns immer von Neuem Dauer und Beständigkeit vorspiegelnd, um unseren Gewinn und unser Leben? Das bloße Vergehen der Zeit scheint unser größtes Unglück, ja der Kern allen Unglücks zu sein. Zugleich aber werden wir immer wieder darauf hingewiesen, dass alles scheinbar Vergangene als Ganzes bis in jede Einzelheit in allen unseren Produkten und Widerfahrnissen real ist. Die Gegenwart ist ebenso in unsere Vergangenheit eingegliedert wie die Vergangenheit in unsere Zukunft. Wir entdecken unsere Vergangenheit in unseren Erzeugnissen wieder, auch dann, wenn wir uns nicht an sie erinnern. Warum hat der uns foppende Dämon sie von uns abgekoppelt? Warum erinnern wir uns lediglich bruchstückhaft? Warum können wir den Zusammenhang zwischen den Ereignissen nicht selbstständig wiederherstellen, was vielleicht möglich wäre, gäbe es eine durchgehende Kausalität, auch im Hinblick auf unsere geistige Aktivität. Was, so können wir uns fragen, hält in uns die Illusion einer Getrenntheit von unserer zeitlichen Ganzheit aufrecht und teilt unsere Existenz in verschiedene Zeit-Räume auf? Die Antwort könnte sein, dass unser Leben – und nicht nur unser Leben, sondern die gesamte materielle, im ständigen Umbruch verhaftete Welt –, mit Fehlern und Unzulänglichkeiten behaftet ist, die so nicht sein sollten und keinen Bestand haben können. Sie bedürfen einer Klärung und Entwicklung und können erst nach dieser in einem gereinigten Ganzen erscheinen.