Gelbe Kreuzigung, 1983, Ölpastell
Gelbe Kreuzigung, 1983, Ölpastell

Über den Unterschied zwischen falschen Ansichten und bösen Taten

Gott beurteilt den Erfolg unseres Lebens nach gelebter Praxis, nicht nach Theorien unseres Verstandes, die unsere Praxis nur stützen sollen.

Jede falsche Ansicht gründet ursprünglich auf der Erkenntnis einer zentralen Wahrheit, die aber vereinseitigt, fragmentiert und pervertiert wurde.

Es gibt nichts absolut Falsches, kein im Kern falsches philosophisches System, das eine vollständige schöpferische Negation der Wahrheit wäre Denn das verkehrte ist nicht aus sich selbst heraus schöpferisch. Es bedarf der Wahrheit. Oft macht uns daher das fehlerhafte Denken eines Philosophen auf eine zentrale Wahrheit aufmerksam, die uns bisher entgangen war. Darum sagt Paulus, insbesondere über inspirierte Schriften: „Prüft alles und das Gute behaltet!“ Es gibt also eine Versöhnung der Wahrheit mit falschen, verkehrten oder fehlerhaften Ansichten. Darin besteht auch das Ethos der Wissenschaft. Dagegen gibt es aber absolut keine Versöhnung Gottes mit bösen Taten. Eine böse Tat, die ein Mensch während seines Lebens nicht bereut, wird nach seinem Tod sein Schicksal in Form eines mehr oder weniger schweren und langwierigen Gerichts. Und wenn er gar eine oder mehrere äußerste, erzböse Taten begangen hat, die das Leben eines oder mehrerer Menschen, gar das von Kindern, körperlich und geistig-seelisch zerstört, was beides eng miteinander zusammenhängt, so trifft ihn nach seinem Tod die volle Vergeltung des Zornes Gottes in Form einer äonischen Verdammnis. Die einzige Möglichkeit, diesem Gericht zu entgehen, besteht darin, das Verbrechen aus tiefstem Herzen noch zu Lebzeiten zu bereuen, was die innerliche Umkehr des gesamten Menschen erfordert, in den meisten Fällen eine schiere Unmöglichkeit!
Nun haben sich die Kirchenfürsten und die ihnen nacheifernden Religiösen seit Augustinus dadurch schwer versündigt, dass sie die Häresie als angebliche schwere Sünde, was ihre moralischen Auswirkungen betrifft, über das Verbrechen des seelisch-geistigen und körperlichen Menschenmordes stellten, gipfelnd in der Hinrichtung sogenannter Ketzer. Diese Praxis der Hinrichtung wurde von Augustinus vorgeschlagen und später Thomas von Aquin sanktioniert. Sie hat die Gedankenpolizei totalitärer und sozialistischer Staaten nach dem Vorbild des Katholizismus auf den Weg gebracht. Ihre Praxis widerspricht aber grundsätzlich den Geboten praktischen Handelns aus der Sicht Gottes. Die Gedanken sind frei. Sie müssen es in Bezug auf spirituelle und naturwissenschaftliche Aussagen auch sein. Wenn allerdings aggressive und bösartige Gedanken daraus abgeleitet und umgesetzt werden, so trägt derjenige die volle Verantwortung, der sie freiwillig umgesetzt und nicht derjenige, der sie bloß gedacht und ausgesprochen hat. Der Jesuit und Inquisitor Kardinal Bellarmino glaubte Gott einen Gefallen damit zu tun, dass er Giordano Bruno wegen seiner Naturphilosophie und seinen Zweifeln an einem persönlichen Gott nach schwerer Folter verbrennen ließ. In Wahrheit dürfte Bruno nach seinem Tod die Märtyrerkrone erhalten haben und über seine Irrtümer bezüglich des Christus aufgeklärt worden sein, wogegen Bellarmino als einem Mörder und Christusverräter nach seinem Ableben die Verdammnis zuteilwurde. Gott ist ein schrecklicher Richter all denen, die Schreckliches tun, besonders dann, wenn es im Namen Gottes geschieht. Das gilt auch für heute. Man täusche sich nicht.