Miriam von Magdala begegnet dem Auferstandenen, 1997, Buntfarbstiftzeichnung
Miriam von Magdala begegnet dem Auferstandenen, 1997, Buntfarbstiftzeichnung

Über den zentralen Irrtum der Esoterik

Das „göttliche Selbst“ ist nur durch den persönlichen Kontakt zu Gott als göttlich zu bezeichnen, es ist nicht ein jeweils eigner Gott im Menschen.

Sämtliche Esoteriker, so sehr sie sich auch in ihren einzelnen Aussagen unterscheiden, gehen von einem gemeinsamen Irrtum aus.

Dieser besteht darin, dass sie das „göttliche Selbst“ des Menschen mit seinem Ego verwechseln. Sie gehen von einem fertigen „göttlichen Selbst“ aus, das in uns schlummere und nur geweckt zu werden bräuchte. Die Erweckung wiederum soll mit Hilfe von Werken, die durch einen bloßen Denkakt initiiert sind, in die Wege geleitet werden. Bei den Esoterikern ist immer vom „Göttlichen“, nie von einem persönlichen Gott die Rede. Das „Göttliche“ steht gleichsam für eine unpersönliche Kraft, die das „göttliche Selbst“ für sich in Besitz nehmen solle, auf dass jeder sein eigener Gott sein könne. Gott selbst, ob nun persönlich, All-Sein oder ungeformte Kraft, könne uns nur in unpersönlicher Kraft begegnen, die sich im eigenen „göttlichen Selbst“, von diesem angeeignet, manifestiere.
Es ist ein Dialog mit sich selbst, sprich Monolog, den sie verkünden, ein Egotripp versprochener scheinbarer Selbsterlösung unter dem Deckmantel persönlicher Bescheidenheit. Nirgends ist von einem Dialog mit Gott die Rede, nirgends von dem dialogischen Wesen Gottes oder des Menschen überhaupt, nirgends fällt der Name „Jesus“ oder „Jeschua“. Wo er denn doch einmal zur Sprache kommt, ist es ein „aufgestiegener Meister seines göttlichen Selbst“, ein „großer Lehrer“, einer, der „es gut meinte“, leider aber versagt habe, indem er gekreuzigt wurde, letzteres etwa in der Abdrushin-Sekte. Aber als der, der er wirklich ist und als der er sich selbst verstand, wird er, wenn es hart auf hart kommt, abgelehnt, mit Relativierung zunächst, bei näherem Nachfragen mit Vehemenz. Mancher Esoteriker säuselt mit sanfter, verhaltener Stimme von Liebe, die auch das Böse umfasse, dass alles Liebe sei und Gott in allem, auch im Bösen, wohne, und verbirgt unter solchem Wortschwall nur schwer all die falsch angewendeten technokratischen Ausdrücke moderner Science-fiction wie „mehrsträngige DNA“, „vierte, fünfte und höhere Dimension“, „höhere Schwingung und Frequenz“, worin das Wesen des Geistes und des Bewusstseins in der Hauptsache bestünde, Ufos, mit denen die Atlanter schon damals zu fernen Sternen aufgebrochen seien, alles Gedankenkonsrukte eines verstiegenen ,technokratischen Zeitgeistes, den sie doch zu kritisieren vorgeben.
Es gibt christlich und zugleich ein wenig psychoanalytisch orientierte Philosophen, die von einem „göttlichen Selbst“ sprechen, das der Regisseur unserer stets göttlich-bedeutungsvollen Träume sei. Dieses „göttliche Selbst“ sei uns unbewusst, aber in seinem Wesen dann doch zugleich überbewusst und unsere äußere Persönlichkeit leitend. Weit gefehlt! Dass solche Philosophen die inneren Widersprüche ihrer Gedankenkonstrukte nicht selbst erkennen! Es gibt kein fertiges „göttliches Selbst“ in uns, das uns nur verborgen ist! Wir haben einen unfertigen, göttlichen Keim in uns, in dem uns Gott vor Anbeginn der Schöpfung geschaut hat, einen Keim, der aber verschattet und unentwickelt ist, und nur im ringenden Dialog mit Gott zur Reife gelangen kann, nur das ist wahr! Wir sind immer die, die wir sind, wir können uns nicht vor Gott verbergen. Und ein „göttliches Selbst“ ist auch nicht der Regisseur unserer Träume. Es handelt sich auch hier um einen ringenden Dialog unseres persönlichen Geistes bzw. unserer Primärpersönlichkeit mit den Kräften unseres Leibes auf der einen und den Wesen eines übersinnlichen Astralreiches, das im Schlaf intensiver auf uns einwirken kann, auf der anderen Seite. Die Verkünder eines fertigen göttlichen Selbst, das nur zu sich selbst zurückfinden muss, befinden sich in einer gefährlichen spirituellen Falle, wodurch sie in den Einflussbereich von Mächten geraten, die dem Menschen nicht gut gesinnt sind.