„Hexe“ am Brandpfahl, 1984, Ölpastell
„Hexe“ am Brandpfahl, 1984, Ölpastell

Zum Wunsch des Menschen, das Böse zu rechtfertigen oder zu verharmlosen

Für die Existenz und die Auswirkungen des Bösen wird es niemals eine Rechtfertigung geben.

Es gibt keine Rechtfertigung für das Böse, und die schlimmste Irrlehre ist die, in der behauptet wird, das Böse sei notwendig, um das Gute zu befördern und besser zur Geltung zu bringen.

Bei dem Seher Emanuel Swedenborg setzte sich die Anschauung durch, dass die Hölle für die Bösen eine Art Vergnügungspark sei und daher nicht nur die Bedingungen, die dorthin führen, sondern auch die Folgen frei und in völligem Einverständnis gewählt sein würden. Auf diese Weise rechtfertigte er die Anschauung, dass die Hölle immerwährend neben Gott bestehen könne und dennoch dabei die Welt in völliger Ordnung sei. In dem bekannten, von Leibniz geprägten Vergleich des Zustandes verdammter böser Menschen mit den Dissonanzen einer vollkommenen Symphonie, die die Schönheit dieser Symphonie angeblich besser zur Geltung brächten, kommt ebenfalls dieser Wunsch, eine Rechtfertigung für das Böse zu finden, zum Ausdruck. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass eine wirklich gute Symphonie keine echten Dissonanzen hat, die ihrer Harmonie widersprechen.
Für einen tiefer und feiner empfindenden Menschen ist es eine bitter erlebte Tatsache, dass wir auf dieser Erde in einer zutiefst gefallenen, vom Bösen beherrschten Welt leben, und die offengelegten Tatsachen der Menschheitsgeschichte beweisen dies. Die bevorzugte Taktik des Bösen ist die der Projektion: Die eigene Bosheit wird auf andere Menschen projiziert. So kann das Böse nicht ohne das Gute, das Gute aber sehr wohl ohne das Böse existieren.
Der größere Teil der Menschheit, – das Milgram-Experiment zum Autoritätsgehorsam legt nahe, dass es statistisch gesehen sogar zwei Drittel sind – stehen in Gefahr, unter gegebenen sozialen Voraussetzungen zu ausgesprochenen Monstern des Bösen zu werden. Schopenhauer hatte in seinem moralischen Urteil über die Menschheit durchaus recht. In der Regel sind es gerade die „aufrichtigen“, sich selbst als „rechtschaffen“ erlebenden Bürger, die zu solchen Monstern werden können. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden aus bisher unauffälligen Bürgern sogenannte Polizeibataillone gebildet, die die Aufgabe hatten, die Nazis bei der Judenvernichtung zu unterstützen. Diese Menschen ermordeten kaltblütig jüdische Familien mit Frauen und Kindern zu Tausenden. Sie „überwanden“ die dem Menschen eingewurzelte Tötungshemmung zugunsten ihres Bösen. Ihre moralischen Skrupel ertränkten sie in Alkohol und im geselligen Zusammensein mit ihresgleichen.
Am schlimmsten ist der vorauseilende Gehorsam, gepaart mit Sadismus angesichts staatlicher Zwangsmaßnahmen. Die Menschheit beherbergt ein Heer der Übereifrigen, bestehend aus Verrätern, Denunzianten, Henkersknechten. Ressentiments sind oft nur ein Alibi für ihren dringenden Wunsch das Böse zu tun. So rotteten im zweiten Weltkrieg junge Generäle ganze französische Dörfer aus. Sie erhängten deren Einwohner in aller Ruhe. Gegen die Bewohner dieser Dörfer bestand kein rassistisches Vorurteil. Ein Beispiel unter vielen. Die Täter wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Die meisten von ihnen starben im Alter von über achtzig Jahren und gingen ohne Reue in den Tod. Wie gut, dass es ein gerechtes Gericht danach gibt! Wie gut, dass die Täter bei Bewusstsein bleiben, im Vollbesitz ihrer Erinnerungen! Wie gut, dass sie dem übergeben werden, den sie sich zu ihrem geistigen Vater erwählt haben! Wie gut, dass sie die Absicht ihres Vaters bald erkennen werden, die allein darin besteht, möglichst viele Menschen zu ermorden und die Seelen der Täter unter das sklavische Joch seiner Herrschaft zu zwingen. Sie werden, wenn sie nicht rechtzeitig umkehren, mit ihm zusammen die Letzten der Letzten in der erneuerten Schöpfung sein.
Wer ist der Vater dieser Menschen? Jesus sagte es zu denen, die ihn ablehnten und ihm nach dem Leben trachteten: „Ihr habt den Teufel zum Vater, und nach eures Vaters Begierden wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit, denn die Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus dem Eigenen; denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge.“