Landschaft mit Schneebergen, 2004, Ölpastell
Landschaft mit Schneebergen, 2004, Ölpastell

Zur Viele-Welten-Theorie

Es gibt verschiedene mögliche „Welten“ bzw. Zeitlinien für ein und dieselbe Person, von denen aber nur eine verwirklicht wird.

Der begabte Physiker Hugh Everett entwarf eine Viele-Welten-Theorie zur Erklärung quantenphysikalischer Phänomene.

Danach spaltet sich die Wirklichkeit jeden Augenblick, in dem wir eine Entscheidung treffen, in zwei parallele Universen auf, ohne dass wir es bemerken. Everetts Theorie wurde in den fünfziger Jahren von den führenden Wissenschaftlern abgelehnt, er verlor seine Karriere und starb verbittert. Mittlerweile findet sie in Amerika sogar unter Physikern eine große Anhängerschaft. Die Theorie ist fantastisch und hat weitreichende moralische Konsequenzen. Im Hinblick auf die Integrität und Kontinuität der lebendigen Person ist sie in dieser Form abzulehnen.
Everett hatte mit seiner Viele-Welten-Theorie aber dennoch gar nicht so unrecht. Ein wesentliches Körnchen Wahrheit ist darin enthalten: Immer dann, wenn wir eine wichtige Entscheidung treffen, trennen sich tatsächlich zwei entgegengesetzte Wirklichkeiten voneinander. Aber nur eine von ihnen ist dann wirklich die entscheidende. Die andere ist zwar ihrem Potential nach gleich wirklich, aber sie entfällt und wird unwirksam für die lebendige Person. Als ungeschriebene Zeitlinie existiert sie noch immer in einer geistigen Form fort und bildet eine eigene sich entwickelnde Zeitlinie unter zahlreichen möglichen. Da auch andere Menschen wichtige Entscheidungen treffen und diese Entscheidungen sich mit den Folgen der eigenen überschneiden, gibt es zahllose, wenn auch keineswegs unendlich viele mögliche Zeitlinien. Welche von ihnen mit realen Folgen verwirklicht wird, hängt immer von der gegenwärtigen Entscheidung ab. Was immer wir tun, es gibt unzählige, wenngleich zahlenmäßig begrenzte, persönliche Entscheidungen, die zum selben Ziel führen können, und eine weniger große mögliche Zahl an Entscheidungen, die vom Ziel geradewegs fortführen. In der Ausgestaltung seiner Handlungen lässt sich der Mensch von Assoziationen und plötzlichen Eingebungen leiten, diese stehen jedoch allesamt unter einer individuellen Grundintention, die sie ordnet und leitet. Somit könnten diese von einer höheren Intelligenz durchaus vorausgesehen werden, sofern diese nicht selbst in das Geschehen eingreift. Wir können also sagen: In unseren moralisch neutralen Gewohnheiten, selbst in ihren scheinbaren Zufälligkeiten, ist unser Verhalten so ziemlich vorherbestimmt. Letztlich werden diese aber oft von einer moralischen Vorentscheidung angeleitet, etwa in dem, was wir essen oder prinzipiell nicht essen, trinken oder an Drogen oder Tabletten konsumieren. Unterbrochen werden solche Gewohnheiten aber durch wichtige Entscheidungen, die sich in uns Bahn brechen und schicksalsbestimmend wirken. Wie kürzlich in Frankreich geschehen hat ein junger islamistischer Fanatiker, aufgepeitscht durch besinnungslos hetzende Mullahs (das Wort „Mulla“ bedeutet auf sumerisch „Teufel“) sich entschlossen, einen ihm bis dahin nicht bekannten Lehrer zu ermorden, weil dieser es „gewagt habe“, Schülern im Rahmen seines Geschichtsunterrichtes Mohammed-Karikaturen zu zeigen. Er findet den Lehrer unweit der Schule, tötet und enthauptet ihn und wird von der Polizei erschossen. Mit den Worten „Allahuakbar“ auf den Lippen geht er in den Herrschaftsbereich dessen ein, den er im Tod bekannt hat, den Feind der ganzen Menschheit, der ihn als Sklaven mit Spott und Folter empfängt. Niemand außer dem ideologisch Verblendeten wird daran zweifeln, dass er die schlechteste Wahl seines Lebens getroffen hat. Der Apostel Paulus wütete im Auftrag der Pharisäer gegen die ersten Christen mit Folter und Mord. Nach seiner Konfrontation mit dem Auferstandenen selbst bereut er seine Taten und wird zu einem der treuesten Weisheitslehrer und Nachfolger Christi. Niemand, der Paulus wirklich verstanden hat, wird leugnen, dass er die beste Entscheidung seines Lebens traf. Wichtig ist zu erkennen, dass die Entscheidung prinzipiell auch anders hätte stattfinden können. Es lag aber im Willen der ganzen Person, sie gerade so zu treffen, und auf diesen Willen kommt es an. Er bestimmt das ganze zukünftige Schicksal der lebendigen Person.
Mit der Quantenmechanik hat all dies aber wenig oder nichts zu tun. Aus dem Verhalten eines Photons oder Elektrons im Doppelspaltexperiment zu schließen, dass sich das Teilchen selbst unter Nichtbeobachtung in eine Welle verwandelt und auf zwei verschiedenen Zeitlinien mit sich selbst interferiert habe, ist wissenschaftlich unzulässig. In Wirklichkeit handelt es sich, so meine ich, um ein (Licht- oder Elektronen-) Feld vibrierender Partikel, das mit einem anderen (subatomaren) Feld interagiert. Aber davon später mehr.