Landschaft im Sturm, 1985, Ölpastell, 46,5/33,5 cm
Landschaft im Sturm, 1985, Ölpastell

Zum Primat des Geistes über die sogenannte Materie

Aller Materie liegt Geist zugrunde.

Der Glaube, dass die Struktur eines materiellen Substrates bei entsprechend hoher Komplexität Bewusstsein hervorbringen könne und dass es so etwas wie ein Eins-zu-Eins Verhältnis zwischen materieller Struktur, materiellen Prozessen und Geist gäbe, ist ein für die Ethik folgenschwerer Aberglaube, dem primär ein irrtümliches Konzept von Materie zugrunde liegt.

Dieses Konzept ist nicht in der Lage, den Geist-Materie-Dualismus zu überwinden.
Materie als das zu bezeichnen, als was sie erscheint, als eine dreidimensionale Substanz, ist naiver Realismus. Was ein Ding jedoch an sich ist, ist es nicht in materieller Hinsicht. Materie ist ein Gedankenkonstrukt, dem nicht einmal ein An-sich der Erscheinung zukommt. Im Grunde kommt keiner Erscheinung ein bloßes An-sich zu, denn das An-sich bestimmt sich immer in einer Kommunikation mit einem Sein für andere. Das ist zugleich das Wesen der Erscheinung. Aber das Gedankenkonstrukt der Materie drückt sich nicht in einem An-sich der Erscheinung aus. Es gibt keine materielle Substanz an sich, die man sehen und anfassen könnte, so wie man „Materie“ gewöhnlich klotzartig denkt. Es gibt auch keine materielle Substanz als eigentliches An-sich des materiellen Gegenstandes dahinter, die analog gedacht werden kann. All dies wäre naiver Realismus. Was wir für Materie halten, ist in ihrer Ursubstanz nichts anderes als Geist, aber es ist Geist in einer starren und zugleich labilen Form. Materie ist Geist in einer gleichsam eingefrorenen, in sich selbst kreisenden Bewegung. Dies heißt nicht, dass der Geist als solcher ein dreidimensionales Substrat nach Art der vorgestellten „Materie“ sei, wie sich dies die Spiritisten vorstellen. Aber diese Form des Geistes, die wir Materie nennen, ist – auch bei noch so komplexer Struktur – nicht in der Lage, als solcher ein Leibesbewusstsein oder gar Ichbewusstsein hervorzubringen. Erst in der Kommunikation mit einer freieren Form des Geistes zeigt sich innerhalb einer hochkomplexen materiellen Form ein Leibes- oder ein Ichbewusstsein. Somit können wir von verschiedenen Schichten geistiger Erscheinungsformen oder des Bewusstseins sprechen, Schichten des Bewusstseins, die ineinanderwirken. So kommt es überhaupt erst dazu, dass unser existenzielles Bewusstsein, unsere höheren geistigen Bedürfnisse gegen die Triebe und Gewohnheiten unserer Leibesorganisation ankämpfen können.
Ein naturalistischer Monismus, der versucht, den Dualismus von Geist und Materie zu überwinden, indem er den Geist aus einer genügend komplexen Materie hervorgehen lässt, ist zum Scheitern verurteilt. Nach seinem Standpunkt ist Bewusstsein und somit auch letztlich Würde und Humanität eine Emergenz hochkomplexer materieller Strukturen und Prozesse, die in eine Interaktion mit der Außenwelt treten. Der Geist, so wird von Vertretern dieses Monismus behauptet, sei daher mehr als ein bloßes Epiphänomen, mehr als ein bloßes Nebenprodukt materieller Strukturen und Prozesse. Davon abgesehen aber, dass auch hierzu der Geist auf einem Schleichweg zur Komplexität der Materie als unabhängig von ihr hinzugezogen werden muss, ist diese Position auch aus einem anderen Grund nicht haltbar: Mit dem Ende des materiellen Leibes wäre auch die Existenz seines Trägers dahin und mit ihr jegliche Würde und Freiheit, die sich am Ende bloß als eine Scheinfreiheit entpuppte. Aller noch so humane Geist wäre am Ende dann doch nicht mehr als ein bloßes Epiphänomen der Materie und alles Bemühen und alle Freiheit am Ende sinnlos.
Der Materie-Geist-Dualismus kann also nicht durch einen monistischen Naturalismus überwunden werden. Nur durch einen Monismus des Geistes, der eine Schichtenordnung der Erscheinung und des Bewusstseins in Betracht zieht, kann dies gelingen.