Engelserscheinung, 1997, Ölpastell, 29,4/21 cm
Engelserscheinung, 1997, Ölpastell

Zum Ursprung des magischen Denkens

Das magische Denken primitiver Menschen oder bei Kindern hat seinen Ursprung in einer echten, aber verkürzten geistigen Wirklichkeit.

Die Belebung unbelebter Objekte durch das kleine Kind ist nicht einem magischen Denken aus Unwissenheit geschuldet, sondern eine spielerische Entdeckungsreise der Transzendenz aus dem intuitiv gefühlten Wissen, dass es über die sinnliche Wirklichkeit hinaus noch anderes Seiendes gibt.

Dasselbe Wissen liegt auch der Magie zugrunde. Somit ist das magische Denken keine – im Sinne einer Abwertung – primitive Anschauungsform, sondern beruht auf einer im Kern richtigen Erfahrung, nämlich der Erfahrung, dass geistige Tätigkeiten, Tätigkeiten des Bewusstseins und des Willens, die ganze Welt in Gang setzen und regieren. Dem magischen Denken liegt die Erkenntnis zugrunde, dass wir in eine geistige Welt eingebettet sind, die mindestens ebenso real ist wie die gegenständliche der äußeren Sinne. Nur eröffnen leider die Praktiken der Magie nicht ein Tor in die geistige Welt schlechthin oder gar in eine höhere himmlisch-geistige Welt, sondern in eine ziemlich unterirdische. Der Mensch muss sich an den Gedanken gewöhnen, dass die ihn umgebende Welt vielfältiger und reichhaltiger ist, als er sie sich zu träumen wagt. In dieser Welt ist alles untereinander verbunden. Hier ist keine Kommunikation an eine lichtschnelle Übermittlung von Information gebunden. Eine Schranke, wie es die Lichtgeschwindigkeit ist, gilt schon für das Eigenleben von Elementarteilchen nicht mehr, um wieviel weniger für den erweiterten Aspekt der Wirklichkeit. Vor dieser stehen wir so ahnungslos und unwissend wie ein Blindgeborener vor der Farbe. Wir können einem Blinden die Farben beschreiben anhand von analogen Begriffen, die auf andere, ihm bekannte Sinneseindrücke anwendbar sind, wie etwa Kälte und Wärme oder hart und weich, ausgedehnt oder komprimiert, konzentriert oder zerstreut, er wird sich eine gewisse Vorstellung von Farben bilden, aber einen wirklichen Begriff von Farbe wird er erst dann haben, wenn er durch eine Operation sehend wird. Dann allerdings eröffnet sich ihm beim Betrachten von Farben ein Aha-Erlebnis. Er wird das ihm zuvor Geschilderte bestätigt finden, aber auf eine andere Weise, als er gedacht hat. Farben, wie andere Sinnesmodalitäten, sind Urphänomene. Es lassen sich ihnen wohl analoge Eigenschaften anderer Sinnesmodalitäten zuschreiben, aber ihre urtümlichen Qualitäten, die sie spezifisch als Farben auszeichnen, lassen sich nicht weiter auf allgemeine Empfindungsaspekte analytisch zurückführen. Urphänomene sind Offenbarungen des Geistes, im Gegensatz zum Fassungsvermögen des reinen Verstandes, der nur beschreiben und analysieren kann.