Freiheit impliziert den höchsten Grad an Folgerichtigkeit.
Freiheit gibt es, weil es Wertentscheidungen gibt.
Diese Wertentscheidungen sind alle folgerichtig, aber nicht notwendig, sofern Not-Wendigkeit eine durch Not bedingte Bewandtnis ist. Die Wertentscheidung wird durch ein inneres Ringen herbeigeführt, das den Weg zur Freiheit bahnt. Der Urgrund dieser Bahnung aber ist Wahrheitsstreben. Vollständige Freiheit wird ermöglicht, wo um die Wahrheit gerungen und das Streben nach Wahrheit nicht vorzeitig aufgegeben wird. Sobald es sich zu Grundsätzen durchringt, denen somit freiwillig zugestimmt wird, kann beinahe in jeder Situation der individuellen Situation entsprechend frei entschieden werden. Wo das Wahrheitsstreben nicht durchgehalten, ja einem verfrühten suggerierten Wohlempfinden geopfert wird, wird ebenfalls zunächst eine Art der freien Wahl getroffen, die aber einen negativen Weg nimmt und schließlich in die Unfreiheit und Handlungsunfähigkeit führt. Der Unfreie unterliegt sodann einer selbst herbeigeführten Notwendigkeit, zu deren Sklaven er wird. Insofern ist Freiheit zwar immer unbedingt das Gegenteil von Notwendigkeit, aber keinesfalls das Gegenteil von Folgerichtigkeit. Ganz im Gegenteil impliziert Freiheit eine Folgerichtigkeit in höchstem Grad. Denn sie richtet sich nach Werten. Sie ist somit auch das Gegenteil von Willkür, welche, näher betrachtet, ein Höchstmaß unbewusster Außensteuerung oder überlegungsunabhängiger organischer Innensteuerung voraussetzt. Augenblicksentscheidungen ohne intuitive Einsicht sind Willkür-Entscheidungen der Laune und alles andere als frei zu nennen. Da ein materialistischer Naturalist nur an eindimensionale Kausalbeziehungen und darüber hinaus nur an absolute Zufälle glaubt, und im Übrigen jede Wertvorstellung als relativ und nur dem materiellen Überleben als dienlich erachtet wird, muss es nicht verwundern, dass er mit dem Begriff der Freiheit nichts anzufangen weiß. Denn Freiheit bedeutet: Unabhängigkeit von Trieb- und Außensteuerung und zugleich eine Orientierung an Werten, deren Gültigkeit das ganze Sein umfasst. Dabei sind zwei Arten von Werten zu unterscheiden: Werte, die für die einzelne Person und deren individuellen Lebensweg gelten und nicht auf andere Individuen verallgemeinert werden sollen, auf der einen und Werte, die Allgemeingültigkeit beanspruchen, auf der anderen Seite. Wer an individuelle Werte glaubt, der glaubt zugleich auch an allgemeine Werte, in denen die individuellen gründen und durch die sie begründet werden. Andererseits bestätigen allgemeine Werte, die für alle Menschen gelten, gerade auch die individuellen. Sie eröffnen einen geradezu endlosen Bewegungsspielraum des sich betätigen Könnens. Dagegen gibt es keine verschiedenen oder individuellen Wahrheiten. Individuelle Werte sind nicht gleich individuelle Wahrheiten. Es gibt nur eine Wahrheit, die auch alle individuellen Werte auf die eine oder andere Weise prägt, ob sie nun für oder gegen die Wahrheit stehen.