Mönch in öder Landschaft, 1987, Aquarell
Mönch in öder Landschaft, 1987, Aquarell

Zum Trost eines scheinbar verfehlten Lebens

Allgemein gängige Ansichten über die sozialen Wertmaßstäbe des menschlichen Lebens leugnen in aller Regel die Wahrheit über seine wirkliche Bedeutsamkeit.

Wenn wir vor dem Trümmerhaufen unseres Lebens stehen, sei es durch eigenes oder durch fremdes Verschulden, wenn uns die Lebensgrundlage entzogen wird, wenn unsere äußeren Werke und Errungenschaften scheinbar für diese Welt verloren gehen, ist es wichtig daran zu denken, dass uns nur eine hauchdünne Mauer von einer unsichtbaren Welt trennt, die weit über alle irdischen sozialen Maßgaben hinausgeht und deren Wertmaßstäbe denen unserer Gesellschaft diametral entgegengesetzt sind.

Wir sind es gewohnt, dass wir unsere Fortexistenz auf der irdischen Ebene auf die materielle Fortexistenz unserer Werke setzen. Wir gehen davon aus, dass Dinge oder Errungenschaften nur innerhalb einer linearen Zeit überdauern können, die wir für das Nonplusultra aller Seinsweisen halten. Wir gehen davon aus, dass das alleinige Fortwirken der linearen Zeit als solcher obsiegt und glauben somit, dass nur dasjenige, was beständig mit ihr fortdauere, einen bleibenden existenziellen Gehalt besitze. Aber, indem wir dies denken, irren wir.
Alles, was geschieht, bleibt dort stehen, wo es geschehen ist, in der Mitte der Gegenwart selbst, für ewig Teil eines Ganzen, substanziell! Es ist in der überdauernden Gegenwart gut aufgehoben und kann niemals vernichtet oder ausgetilgt werden. Alles, was geschieht und je geschehen ist, existiert fort. Es hinterlässt nicht nur seine Spuren im linearen Zeitstrom, es ist als solches in sich selbst existent, im Geist des Individuums, das es erlebt hat, im Geist derer, die es miterlebt haben, denn alle Gegenwart ist ewig. Wäre dem nicht so, so gäbe es keine Erinnerung. Zwar können reaktivierte Erinnerungen durch Assoziationen aus anderen Zeiträumen verfälscht werden, aber es gibt für jede Erinnerung ein Original, das jederzeit wiedererweckt werden kann. Daher können wir die Gewissheit haben, dass nichts verloren geht, einschließlich wir selbst. Denn wir selbst sind ein unverzichtbarer Teil der ganzen Schöpfung, ja eine Verkörperung der ganzen Schöpfung selbst in einer individualisierten, Aspekt-betonten, aber das Ganze der Schöpfung enthaltenden Form.
Nun könnte man zurecht die Frage stellen: Aber was ist dann mit all dem Fehlerhaften und Bösen, das wir in unserem Leben getan haben? Soll denn auch dieses in alle Ewigkeit fortdauern, sogar in einer eigenen Abteilung der Ewigkeit? Darauf kann wohl geantwortet werden: Alles Böse und Fehlerhafte kann verwandelt und als Böses vollständig getilgt werden, sodass für den Reuigen eine vollständige Tilgung aller Fehler und eine Vergebung der Schuld stattfinden kann. Alles Fehlerhafte wird dann in eine Station auf dem Weg zur Läuterung hin zur Vollendung eingeordnet werden und den Schrecken verlieren. Und auch die Schuld am Nächsten und an der Schöpfung wird ausgetilgt, indem den unschuldig Geschädigten eine neue Zeitlinie eröffnet wird, durch die sie eine Heilung für das erlittene Unrecht erfahren können.