Stadt im Jahre 3000, Acryl auf Leinwand, 2021
Stadt im Jahre 3000, Acryl auf Leinwand, 2021

Warum es die Welt doch gibt

Die „Welt“ steht als eine Gesamtheit der Schöpfung der schöpferischen Instanz gegenüber.

In neuerer Zeit hat sich eine philosophische Richtung herauskristallisiert, die sich „Der neue Realismus“ nennt. Diese philosophische Position geht davon aus, dass es „die Welt nicht gibt“, wie es Markus Gabriel, ein Vertreter dieser Richtung, formuliert.

Damit ist gemeint, dass zwar einzelne Tatsachen wie Dinge, vorgestellte Gegenstände und die unterschiedlichen Bewusstseinszustände organischer Wesen, ja auch kleine interne Welten in unserem persönlichen Bewusstsein existieren, aber nicht eine große umfassende Welt, in der all diese Tatsachen vorkommen und miteinander verbunden sind. Eine Gesamtheit seiender Wesen, Dinge und Gegenstände, die untereinander verbunden wären, existiert nach dieser Auffassung nicht. So gibt es etwa in einem Gasthaus Tische und Stühle, verschiedene Gruppen kommunizierender Menschen an den verschiedenen Tischen, Menschen mit ihrem je eigenen Bewusstsein und die verborgene Spinne im Gebälk, die ebenfalls ihr eigenes Bewusstsein hat, aber eine Verbindung zwischen diesen verschiedenen Tatsachen und Zuständen zu einer einheitlichen „Welt“ existiert danach eigentlich nicht. Nun ist es zweifellos richtig, dass all die genannten Tatsachen relativ unabhängig nebeneinander existieren, die Aussage aber, dass es nicht einen allumfassenden physisch-seelisch-geistigen Zusammenhang gäbe, in den sie alle eingebettet sind, steht ohne Beweiskraft im Raum. Gabriel räumt ein, dass es möglicherweise eine Gesamtheit aller Atome im Raum geben könnte, die wir als Universum beschreiben können, aber „die Welt“ wäre das dann noch lange nicht, da solch eine „Welt“ zum Beispiel Geist und Bewusstsein und die Intersubjektivität sozialer Gemeinschaften nicht enthalten könnte. Somit gäbe es nichts Umfassendes, das als „Welt“ bezeichnet werden könne.
Der „neue Realismus“ lässt sich also zu dem philosophischen Gnadenakt herab, Geist, Seele und Bewusstsein eine gewisse Nische innerhalb eines Weltbildes (!!!) pluralistischer Tatsachen einzuräumen. Der „neue Realismus“, der „die Welt“ – also eine Gesamtheit existierender Tatsachen – leugnet, leugnet somit aber auch eine Schöpfung und mit der Schöpfung leugnet er selbstverständlich auch Gott als die ordnende Instanz einer differenzierten Gesamtheit des Seienden. Die philosophische Ideologie des „neuen Realismus“ befleißigt sich somit nicht nur eines methodischen, sondern auch eines theoretischen Atheismus, ohne freilich schon den Schritt zum praktischen getan zu haben. Menschen, die den neuen Realismus mit Leib und Seele vertreten, mögen daher anständige Menschen und große tolerante Humanisten sein, aber sie werden nicht in der Lage sein, den politischen Ansprüchen praktischer Atheisten durch philosophische Argumente Paroli zu bieten oder deren ideologische Ziele wirklich zu erkennen und nach dieser Erkenntnis praktisch zu handeln. Sie werden mit ihrer Kritik immer nur an der Oberfläche kratzen. Und eingedenk dieser nachweisbaren Tatsache erkennen wir nun schon, dass zwischen der Ideologie des neuen Realismus und den weltlichen Tatsachen bzw. zwischen diesen Tatsachen selbst und der ideologischen Unfähigkeit, diese in ihren Wirkmechanismen zu erkennen, irgendein innerer Zusammenhang bestehen muss, dass also eben doch irgendwie alles mit allem zusammenhängt. Die Tatsache, dass wir noch nicht in der Lage sind, diese Zusammenhänge vollständig zu erkennen und es voraussichtlich – zumindest während unseres irdischen Daseins – auch nie sein werden, enthebt uns nicht der Mühe und der Verantwortung, nach Möglichkeit immer tiefer in diese Zusammenhänge einzudringen. Dem weltanschaulichen Agnostizismus, der sich letztlich hinter dem neuen Realismus verbirgt, liegt somit auch eine gewisse erkenntnistheoretische Bequemlichkeit zugrunde nach dem Grundsatz: „Wir können nur entweder das Ganze oder gar nichts erkennen, wenn wir überhaupt ein grundsätzliches Prinzip erkennen wollen, das für alles Seiende gilt!“ Dieser Grundsatz ist eng verschwistert mit einem anderen erkenntnistheoretischen Vorurteil, das etwa so lautet: „Zusammenhänge zwischen verschiedenen Kategorien und den Bewusstseinszuständen verschiedener Wesen, die gegenwärtig kein Mensch erkennen kann, können auch keine realen Tatsachen sein, denn das menschliche Erkenntnisvermögen ist das Maß aller Dinge!“ Und ein weiteres Vorurteil ist damit verbunden: „Bestimmte Aspekte der Wirklichkeit erfordern bestimmte Methoden, die auf andere Aspekte der Wirklichkeit nicht anwendbar sind. Daher sind wir nicht in der Lage, Zusammenhänge zwischen ihnen herzustellen, und Zusammenhänge, die wir methodisch nicht zwischen ihnen herstellten können, können nicht existieren.“
Die verschiedenen Bereiche der Wirklichkeit existieren tatsächlich. Aber ebenso existieren auch die Zusammenhänge zwischen ihnen, ob wir diese nun erkennen oder nicht. Es sind hierarchisch geordnete Zusammenhänge. Und viele dieser Hierarchien mögen einander durchdringen. Über allem aber steht ein einheitlicher, sie ordnender, schöpferischer Geist, der in seinem Wesen und Wirken erkannt werden will. Wenn uns der neue Realismus etwas lehren kann, dann ist es das, dass es die Welt nicht gäbe, wenn sie nicht Schöpfung wäre und nicht im Kontext eines Schöpfers stünde, der in sich selbst besteht.