Lüstlinge", 2021, Gouache liquide, Tempera Paint auf Malpappe
Lüstlinge", 2021, Gouache liquide, Tempera Paint auf Malpappe

Zum Unterschied von Wohlbehagen und Liebe

Wahre Liebe ist durch Gesinnung und nicht durch Emotionalität begründet.

Man geht nicht fehl, wenn man die Liebe Gottes als „Uremotion“ bezeichnet.

Die ganze Schöpfung entspringt einer lebendigen Uremotion, einer „Herausbewegung“ (Emotio) der Daseinsformen aus dem Urgrund. Es wäre nun aber verfehlt, das Wesen der Liebe auf eine Emotion zu reduzieren. Dem emotionalen Gehalt der Liebe muss vielmehr etwas vorausgehen, was ihn begründet und der eigentliche Ursprung der Liebe ist und dies ist die Wertschätzung. Wertschätzung ist eine Haltung, die sich mit dem anderen innerlich derart verbindet, dass eine Selbstidentifikation stattfinden kann, ohne dem Willen des anderen dadurch Gewalt anzutun. Begreift man diesen Umstand, so kommt man zu der Erkenntnis, dass Liebe in diesem Sinne in unserer verweltlichten Gesellschaft kaum mehr vorhanden ist. Während Agape, die göttliche Liebe der Caritas, nurmehr einem lästigen Pflichtgefühl entspringt und mehr dem eigenen Ansehen vor den Menschen oder auch vermeintlich vor den Augen Gottes dient, zeigen sich Philia, die freundschaftliche Liebe, und Eros, die geschlechtliche Liebe, beinahe ausschließlich auf Sympathie und Antipathie beschränkt. Dabei hat die freundschaftliche Liebe noch am ehesten mit echter Wertschätzung zu tun, es spielen hierbei die gemeinsamen Interessen eine bevorzugte Rolle, aber eine solche Liebe hält heutzutage in der Regel nur solange an, wie der Freund oder die Freundin zumindest in allen grundsätzlichen Ansichten und Willensrichtungen mit den eigenen übereinstimmt. Gegensätze in der moralischen Grundgesinnung können zurecht zum Abbruch einer Freundschaft führen, aber oft sind es nur Nebensächlichkeiten, die eine Trennung besiegeln. Bei der erotischen Liebe ist dies noch viel komplizierter. Emotionen der Sympathie und Antipathie ohne tiefere Wesensschau des Partners und Kenntnis seines Charakters sind in der modernen Zeit das beinahe ausschließliche Kriterium für eine sexuelle und schließlich auch eheliche Verbindung. Die anziehende Ausstrahlung, verbunden mit dem unvermittelten Aufscheinen einer gewissen Wesenscharakteristik, gelten hierbei oft als einzige Kriterien. In einzelnen Fällen sind es abgespaltene Aspekte reiner sexueller Lust, die einen Menschen zu einer partnerschaftlichen Verbindung treiben. In einer geschlechtlichen Beziehung aber, in der die Befriedigung sexueller Lustspannung im Vordergrund steht, wird das Gegenüber als vollwertiger Mensch nicht ernst genommen und immer auf eine gewisse Weise als Gegenstand der Befriedigung missbraucht. Das Missverständnis des von Platon gerühmten himmlischen Eros als Vorwand sexueller Triebbefriedigung ist eine Hauptursache dafür, dass partnerschaftliche Verbindungen heute – weit davon entfernt, einem jesuanischen Ehe-Ideal zu entsprechen – meist ausschließlich von seelischer Emotionalität und folglich seelischem Unglück, Ungenügen, Zwist und Eifersucht geprägt sind. Der Mensch als geistiges Wesen in seiner Würde wird in solchen Verbindungen meist verkannt und außer Acht gelassen. Wie denn auch anders, wenn, wie in unserem derzeitigen Sprach- und Alltagsverständnis üblich, Geist mit Verstand und Spiritualität mit Okkultismus und Esoterik gleichgesetzt werden.