Hänsel und Gretel, 1996, Paintbrush-Computergrafik
Hänsel und Gretel, 1996, Paintbrush-Computergrafik

Über das Begehen und Zulassen des Unrechts

Wer Unrecht zulässt oder gar selbst ausübt, verliert den himmlischen Schutz vor dem Unheil, das jeden Täter oder Verteidiger des Unrechts früher oder später treffen muss.

Menschen, die Unrecht begehen, tun dies aus einem einzigen Grund: Sie wollen ihr Leben, in dem die Begierden regieren, aufrechterhalten.

Begierden sind fehlgeleitete Bedürfnisse. Lebensbedürfnisse, die sich gewohnheitsmäßig verselbständigt haben, führen zu Gefühlsabstumpfung, Verhärtung, Krankheit und Tod. Und Taten der Grausamkeit und des Unrechts sind die beinahe zwangsläufige Folge.
Menschen, die Unrecht zulassen, tun dies ebenfalls aus einem einzigen Grund: Sie wollen ihr bisheriges bequemes Leben erhalten und Schwierigkeiten aus dem Weg gehen. Warum, so kann man fragen, sind sie so darauf versessen, Schwierigkeiten zu vermeiden? Das ganze Leben besteht ja fast nur aus Schwierigkeiten! Das ist richtig, aber diese Schwierigkeiten haben ihren Platz in der gewohnten Lebensführung. Sie fallen nicht aus dem Rahmen des gewohnten alltäglichen Lebens heraus. Sobald es aber um einen Einsatz für die Grundrechte anderer Menschen geht, der auch nur von ferne die Rahmenbedingungen ihres familiären oder beruflichen Lebens gefährden könnte, sieht die Sache schon anders aus. Da gerät das logische Denken außer Kontrolle. Da tritt die blanke Panik anstelle naheliegender vernünftiger Überlegungen. Und allzu schnell ist man zu einem Kompromiss mit den herrschenden Mächten bereit. Selten wird bedacht, dass diese herrschenden Mächte in einer Gesellschaft, in der das Unrecht gesetzlich gefördert wird, es mit der Bevölkerung nicht gut meinen können. Und obwohl hier bisweilen Teilerkenntnisse aufblitzen, macht man trotzdem mit und fördert durch sein Verhalten das Unrecht, wo passiver Widerstand angezeigt wäre. Die meisten, die dies tun, glauben gerade durch diese herrschenden Mächte geschützt zu werden, zumal doch beinahe alle nach deren Maßgaben handeln. Da irren sie sehr. Andere glauben, dass Gott ein Auge zudrücken werde. Sie seien durch ihren Glauben an Gott geschützt. Das ist keineswegs der Fall. Gott ist kein Freund des Unrechts. Andere wähnen die herrschenden Gewalten unter der Führung himmlischer Mächte. Sie sehen das Unrecht gar nicht oder stellen keinen Zusammenhang zu politischen Maßnahmen her. Das nennt man selbstverschuldete Unmündigkeit.

Hier gilt es wieder darauf hinzuweisen, dass freies Handeln durch Werte geleitet sein muss. Und wir alle haben, jeder auf seine Weise, quasi von Geburt an Handlungstendenzen, die echten moralischen Werten auf die eine oder andere Weise entgegengesetzt sind. Daher setzt freies Handeln ein Ringen um Freiheit, vor allem aber um Wahrheit und Wahrhaftigkeit voraus. Bedenklich wird es erst dann, wenn auch die Werte selbst sich in Richtung persönlicher Vorteile auf Kosten anderer und rücksichtslose Befriedigung egoistischer Begierden wandeln. Wird dies in hohem Maße vollzogen oder gar zu einem solchen Ausmaß, dass geradezu sprichwörtlich das „Maß der Bosheit“ vollgemacht ist, so handelt der Täter nicht etwa in Unfreiheit, sondern im Gegenteil: Er hat dann den höchsten Grad der Freiheit hinsichtlich seiner Bosheit erreicht. Diese Freiheit impliziert freilich eine Kehrtwende. Sie hat ein Gericht zur Folge, weil der frei gewählte Wert, der das Gute in anderen Menschen und Wesen verkehren will, sich am Ende gegen den Täter selbst richtet und in all seinen schrecklichen Auswirkungen auch nach dem physischen Tod von den himmlischen Mächten nicht nur zugelassen, sondern auch steuernd gelenkt wird, eben im Sinne eines Gerichts.