Tadel der Freigebigkeit, Bundfarbstiftzeichnung 1979
Tadel der Freigebigkeit, 1979, Buntfarbstiftzeichnung

Über die Grundbedingungen der moralischen Entscheidung

Die Welt ist des Bösen so voll, sodass es keiner Bejahung des Bösen bedarf. Worauf es ankommt, ist unser Nein!

Die Tatsache, dass es keiner besonderen Entscheidung zum Bösen bedarf, um böse Taten zu begehen, entbindet uns nicht von der Möglichkeit, „nein“ sagen zu können. Auch dem fehlenden Nein zum Bösen liegt ein entschiedener Wille gegen das Gute zugrunde.

Manch einer wird mir zustimmen, wenn ich sage, dass es keine Freiheit im Bösen gebe, wird mir aber widersprechen, wenn ich behaupte, dass der Mensch auch nicht frei sein könne, das Böse zu wählen, dass er also auch nicht zum Bösen frei sein könne. Sein Argument ist: Würde der Täter nicht dadurch entschuldigt? Keineswegs! Wenn aber nicht, wie komme ich zu dieser Behauptung? Es ist offensichtlich: In einer Welt des Eigennutzes, der Bosheit, Falschheit und Lüge geschehen die bösen Gedanken und Taten gewohnheitsmäßig. Es bedarf keiner besonderen Entscheidung, sie auszuführen. Sie ereignen sich automatisch, ohne irgendeine Rechenschaft, welche letztere überhaupt erst die Voraussetzung für eine Entscheidung und einen Akt der Freiheit wäre. Sie werden als normal betrachtet. Worin besteht dann aber unsere Verantwortung? Unsere Verantwortung besteht darin, dass wir trotz allem die Erkenntnisfähigkeit von Gut und Böse besitzen. Biblisch gesehen ist uns diese seit dem Sündenfall der ersten Menschen mitgegeben, seit das Böse in die Welt kam. Die Verleugnungskampagnen schlechter Philosophen wie insbesondere der Transhumanisten, werden einen aufrichtigen Denker nicht vom Gegenteil überzeugen können. Der Täter des Übels weiß also im Grunde sehr wohl, was er tut, wenn es für ihn auch normal erscheint. Nicht dem Bösen, sondern seinem Gewissen, seinem Bewusstsein um das Gute, muss er einen ständigen Widerstand entgegensetzen. Dies gelingt ihm nur, wenn er es unter der Normalität seiner Entscheidungslosigkeit für das Gute verbirgt. Der erste Schritt des Erwachens aus der Normalität des Bösen und damit der Freiheit, des Freiwerdens aus seinen Banden, besteht also nicht darin, ja zum Guten, sondern nein zum Bösen zu sagen, nein zu vorgegeben Gesetzen des Welt- und Zeitgeistes, zu den gewohnheitsmäßigen, immer deutlicher hervortretenden Gesetzen der Gesetzlosigkeit. Eine eigene Kraft zu einer Bejahung des Guten haben wir vorerst nicht. Was wir auch immer versuchen aus der eigenen Kraft unserer Gewohnheit zum Guten zu lenken, es wird sich uns in Böses verkehren. Denn alle eigenwilligen Versuche entsprechen unseren Lebensgewohnheiten. Sämtliche Revolutionen, am deutlichsten die Französische, haben uns das gezeigt. Das entschiedene Nein zu der bestehenden Normalität des Bösen, das Nein als Konsequenz der klaren Erkenntnis der Wahrheit, in deren Licht wir Gut und Böse unterscheiden können, ist der entscheidende Ausgangspunkt, nicht ein Bekenntnis zu einer irgend gearteten Form des vom Bösen überfrachteten vermeintlich Guten aus unserem Weltgeist heraus.  Dieses Nein ist mit einer Umkehr der gewohnheitsmäßigen Willensrichtung verbunden, nicht aus eigener Kraft, sondern mit der Bitte um geistige Führung durch Gott.

Ein volles Maß der Bosheit, das ein göttliches Gericht nach sich zieht, ist aber erst dann erreicht, wenn nicht nur die Erkenntnis des Bösen unterdrückt, sondern dieses mit aller Anstrengung anstelle des Guten verfolgt wird. Darin besteht dann tatsächlich eine freie, aber unwiderrufliche Entscheidung zum Bösen. Dieses schreckliche, von Gott kommende Gericht, das eine vollständige Bannung und eine anschließende Auferstehung in einem Leib des Verderbens umfasst, steht unmittelbar dann bevor, wenn sich, wie dies gegenwärtig der Fall ist, die Werke der Täter gegen die gesamte Schöpfung und somit gegen die Liebe Gottes selbst richten. Für solche Täter – aber auch nur für sie – gibt es, wenn sie ihre Absichten nicht vor ihrem Tod aufrichtig bereuen, keine Rettung. Erst über sie kann dann mit endgültigem Urteil gesagt werden: Ihnen geschehe nach ihrem frei entschiedenen Willen!  Mögen sie die Konsequenzen ihrer selbstgewählten Ersatzunsterblichkeit bis zum letzten Tropfen auskosten dürfen!