Miriam von Magdala begegnet dem Auferstandenen (2), 1997, Ölpastell 
Miriam von Magdala begegnet dem Auferstandenen (2), 1997, Ölpastell

Über den Gott des Islam

Ein Gottesbild des weltenfernen Schöpfers in aller Erhabenheit über den Menschen spiegelt den geheimen Hass der Menschen auf Gott.

Gegenüber dem menschlich-allzu menschlichen Gottesbild der gewöhnlichen Christen hat das Gottesbild des Islam einige erhebliche Vorteile.

Denn im Islam wird ein Gott präsentiert, der sich radikal von allen Geschöpfen unterscheidet und für den alle Organe und sinnliche Qualitäten nur symbolische Bedeutung haben: Er sieht ohne Augen zu haben, hört ohne Ohren und handelt ohne Hände. Er ist allem Menschlichen entrückt und völlig unberechenbar, allenfalls lässt er durch Propheten, die zugleich, nach dem Bilde ihres Gottes, despotische Herrscher sind, seinen gegenwärtigen, allzeit sehr wankelmütigen Willen kundtun. Dies scheint, oberflächlich betrachtet, einige Ähnlichkeit mit dem Gott der biblischen Propheten zu haben, der zu den Menschen spricht: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken.“ Aber der Schein trügt. Der Gott der Bibel sagt dies zu den Menschen aufgrund ihrer bösen Gedanken und Vorsätze, nicht weil er ihnen seine Gedanken grundsätzlich vorenthalten will. Ganz im Gegenteil: Es ist nicht der weit überlegene Intellekt Gottes, der die Menschen von der Erkenntnis seiner Gedanken ausschließt, sondern die Bosheit der Menschen, die sie daran hindert, seine Gedanken zu erkennen. Der Gott der Bibel wünscht, dass die Menschen seinen Willen und mit diesem auch seine Gedankenrichtung erkennen. So spricht Paulus: „Der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit.“ Dagegen sind allerdings nach Paulus die Wege der Führungen Gottes wunderbar und in ihrer Vielzahl unergründlich. Aber der Wille des biblischen Gottes ist grundsätzlich klar erkennbar, er bleibt sich treu, während der Wille Allahs wetterwendisch und in seiner grundsätzlichen Richtung unerkennbar ist. Seine gepriesene Barmherzigkeit besteht in einem herablassenden Gnadenakt von oben herab, aber er gewährt, aufgrund seiner gänzlichen Andersartigkeit, keinerlei Zuwendung in Form eines persönlichen Zwiegesprächs. Der Gott der Bibel ist ein dialogischer Gott. Allah kennt nur den Befehl, dem nicht widersprochen werden darf. Der Unterschied zwischen Gut und Böse wird dabei allein durch Allahs Willen definiert und dieser ist aus menschlicher Sicht völlig willkürlich. Denn Allah tut, was er will, er ist an keine Maßstäbe gebunden, und daher ist es für einen gläubigen Muslim im letzten Grunde unmöglich, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Er kann daher auch nicht wissen, welche Voraussetzungen er zu erfüllen hat, um ins Paradies zu kommen. Er ist der Willkür Allahs ausgeliefert und wenn er sich ihr völlig unterwirft, dann nur in der Hoffnung, ins Paradies zu kommen und vor einer ewigen Qualhölle verschont zu bleiben. Bei aller Unzugänglichkeit Allahs, bei aller Weltenferne und Unerkennbarkeit, bei allem Eifer, sein Wesen und seinen richtenden Willen für sich zu behalten, bei allem Gleichmut menschlichem Scheitern gegenüber wurden ihm doch gerade dadurch menschlich- allzu menschliche Eigenschaften unterstellt: Hochmut und Stolz. Der biblische Gott dagegen hat ein Gesicht. Die ernste Androhung höllischer nachtodlicher Zustände durch Jesus, die gewöhnlich die zwangsläufige Folge gewisser Taten sind, vor allem den hartherzigen und stolzen Pharisäern gegenüber, sollte keine heteronome Moral hervorbringen, sondern angesichts der menschlichen Schwäche und Bosheit Aufklärung schaffen und das Bewusstsein einer freien Verantwortlichkeit fördern. Eine Tat soll aus Liebe zum einen, persönlichen Gott und aus ihr zu allen Menschen und Wesen erfolgen und nicht aus Sorge um das kleine Ego. Gott hat ein menschliches Gesicht, denn er ist dialogisch. Unsere Liebe ist möglich, weil er uns zuerst geliebt hat.